Die Gefährdungsbeurteilung ist der Kern des Arbeitsschutzes

Arbeitgeber sind verpflichtet, erforderliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes für jede zu vergebende Tätigkeit in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess und orientiert an arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen, umzusetzen. Dazu müssen tätigkeitsbezogene Gefährdungen ermittelt werden, die sich insbesondere ergeben können durch:

  1. die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
  2. physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
  3. die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit,
  4. die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,
  5. unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten,
  6. psychische Belastungen bei der Arbeit.

Wenn noch keine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wurde, empfiehlt es sich, mit einer Gefährdungsbeurteilung Psychischer Belastungen (GB Psyche) zu beginnen und darauf aufbauend eine umfassende Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Denn die psychologische Gefährdungsbeurteilung beinhaltet auch eine Beurteilung der Arbeitsumgebung mit ihren physikalischen, chemischen und physischen (den Körper betreffenden) Faktoren.

 

Liegt bereits eine Gefährdungsbeurteilung vor, die noch keine psychischen Faktoren berücksichtigt, sollte die psychologische Gefährdungsbeurteilung nachgeholt und in das weiter zu entwickelnde Arbeitsschutzsystem integriert werden.

 

Grundsätzlich gilt für alle Maßnahmen des Arbeitsschutzes das STOPV-Prinzip:

  • S = Zunächst wird geprüft, ob die Substitution einer erkannten Gefahrenquelle möglich ist.
  • T = Danach werden technische Möglichkeiten zur Eindämmung der Gefahrenquelle geprüft.
  • O = Und danach organisatorische Maßnahmen.
  • P = Nach Ausschöpfung der STO-Maßnahmen kommen personenbezogene Maßnahmen in Betracht.
  • V = Im letzten Schritt werden verhaltensbezogene Maßnahmen ergriffen, im Idealfall reichen aber schon die STOP-Maßnahmen für einen ausreichenden Arbeitsschutz.

Dass psychologisch ungeschulte Akteure im Arbeitsschutz in der Regel den umgekehrten Weg gehen und bei den personellen Maßnahmen beginnen wollen, liegt an einer intuitiv erfolgenden Kausalattribution: Ein Beobachter schreibt Ereignissen eher innere Ursachen zu („Die Person ist hingefallen, weil sie gerannt ist.“), der Handelnde selbst schreibt sie eher äußeren Ursachen zu („Ich bin hingefallen, weil es rutschig war.“). Dieses Phänomen wird auch als fundamentaler Attributionsfehler beschrieben.